Review: Castlevania: Lords of Shadow
05 May 2011Lords of Shadow ist symptomatisch dafür wie ich Spiele in letzter Zeit wahrnehme: Es ist hervorragend gemacht und extrem unterhaltsam, aber wenn man mich fragt warum genau, muss ich mit den Schultern zucken.
Ich kann nicht mit dem Finger auf ein einziges Feature zeigen und sagen: “Darum”. Lords of Shadow verfügt über keine herausragenden Merkmale, sondern ist schlicht und ergreifend handwerklich extrem solide. Das macht es nicht unbedingt spannend darüber zu schreiben, aber da ich das Gefühl habe dass dieser Titel in der allgemeinen Aufmerksamkeit etwas untergegangen ist mache ich das trotzdem.
Wir haben hier ein kampflastiges Actionspiel im Stile von Ninja Gaiden, God of War oder Bajonetta (gibt es dafür eigentlich einen etablierten Oberbegriff? Ich finde es wäre an der Zeit). Auch wenn Castlevania dran steht, die Formel der das Spiel folgt ist generisch. Nicht verwunderlich, wurde das Spiel vom spanischen Team Mercurysteam unabhängig entwickelt und erst nachträglich zu einem Teil der Traditionsserie umetikettiert. Aber Namen sind Schall und Rauch und ob ich nun Belmont oder sonstwie heisse letztendlich egal. Man merkt dem Spiel in jedem Moment an wieviel Arbeit und Liebe zum Detail darin steckt.
Das absolute Highlight und eigentliche Hauptfigur sind die Levels die zu fast jeder Zeit absolut umwerfend aussehen. Abwechslungsreich und extrem detailliert erstrecken sich Schlösser und Ruinenlandschaften bis an den Horizont, hinter dem die Sonne gerade im glitzernden Meer versinkt. Durch diese malerischen Landschaften wandert Gabriel Belmont um die verstorbene Frau zu finden und nebenbei die Welt vor dem Bösen zu retten, das sich mehr und mehr ausbreitet seit ein Fluch die Verbindung zwischen Himmel und Erde gekappt hat. So bekannt sich das auch anhört, die Story ist durchdacht und hält einige Überraschungen parat.
Mittel zum Zweck unserer Mission ist die Gods Mask, deren Teile den drei Lords of Shadow abgerungen werden müssen: Dem Lord of the Lycans, dem Vampire Dark Lord und dem King of the Necromancers. Die drei Bosse teilen das Spiel in Abschnitte die, jeder für sich, einen Spannungsbogen aufbauen der sich schließlich im Bossfight entladen kann. Der Fortschritt zwischen den Etappen ist dabei nicht fließend sondern angenehm oldschoolig in abgeschlossene Abschnitte geteilt die jederzeit in beliebiger Reihenfolge wieder besucht werden können um Challenges zu absolvieren, vergessene Powerups aufzusammeln oder einfach nochmal die atemberaubende Aussicht zu geniessen.
Die Inhalte der Levels variieren dabei zwischen Klettern, Kämpfen und Rätseln. Selten findet sich in einem Abschnitt ausschließlich eines dieser Elemente, aber es gibt mitunter deutliche Schwerpunkte. Das Klettern ist nicht so elegant umgesetzt wie in Uncharted, aber ausreichend flüssig um den Spielfluß nicht abzuwürgen. Die Rätsel sind abwechslungsreich und weder zu schwer noch zu einfach, wer sich überhaupt nicht für Knobeleien in seinem Actionspiel begeistern will, kann sich gegen einen kleinen Punktebetrag die jeweilige Lösung anzeigen lassen.
Das Kampfsystem, eigentlich Kernelement des Gameplays erreicht leider nicht das Niveau des restlichen Spiels. Zwar steht eine gute Auswahl an Moves zur Verfügung, gegen Ende entpuppen sich allerdings die meisten davon als weitgehend nutzlos, so dass man sein Portfolio auf einen kleinen Kern reduzieren kann. Das macht die Kämpfe nicht unbedingt langweilig, denn die Gegner sind abwechslungsreich und mitunter echt fies. Leider stellt sich jedoch wie bei vielen Games dieses Genres häufig das Gefühl ein, das Kampfgeschehen nicht kontrollieren zu können. Die Gegner piesacken Gabriel gern mit weiten und schnellen Attacken aus der Entfernung. Ob ein Angriff blockbar ist oder nicht lässt sich oft nicht sagen. So wird das Entwickeln von Strategien oft unmöglich gemacht und man hilft sich am besten mit wildem Herumrollen und kurzen Schlägen, da für die Vorbereitung härterer Schläge keine Gelegenheit bleibt.
Diese Problemchen sollten aber Gamer die an God of War, Bayonetta usw. ihre Freude hatten nicht davon abhalten Lords of Shadow auszuprobieren. Wer sich auf hohem Niveau prügeln will sollte lieber Ninja Gaiden Sigma nochmal auspacken, in allen anderen Aspekten ist Lords of Shadow wirklich erste Klasse.