Fragdiebs Lieblingsspiele Teil 1
05 Oct 2005Die Worte vorneweg: Ich springe mal wieder schamlos auf den Bandwagon, und mache Jan und seinen drei Mitstreitern von Agitpop, Experimentelles und thwidra wieder alles nach, aber erstmal will ich ein großes Lob für ihre Listen an die Ebengenannten aussprechen. Genau das ist auch der Grund, warum ich selber eine schreibe, das Lesen von ihren Listen hat mich so angeregt, über meine Spielevergangenheit und -gegenwart nachzudenken, dass ich das Ganze einfach irgendwo festhalten muss, da mein Geschmack auch irgendwie sehr anders verglichen zu meinen vier Vorbildern zu sein scheint, glaube ich, dass es jemanden interessieren könnte. Irgendwie hatte ich anfangs Probleme, über die Spiele zu entscheiden, über die ich schreiben wollte, daher bin ich mal mit der Überlegung darangegangen, dass ein “Lieblingsspiel” eines ist, mit dem man entweder überproportional viel Zeit verbracht hat, ohne dass zu bereuen, oder eines, das man immer positiv im Kopf hat. Bei manchen Spielen, die ich aufgelistet habe, denke ich daher manchmal auch “oh Gott, das fand ich mal toll” und habe sie eit Jahren nicht mehr angerührt, aber irgendwie finde ich doch immer den Reiz heraus, den ich damals empfand, wenn ich wirklich drüber nachdenke. Da ich keine Liste nach dem Motto “mein allerliebstes Spiel, mein zweitliebstes usw” aufstellen möchte, habe ich mal versucht, das ganze irgendwie einerseits konzeptmäßig und andererseits chronologisch zu ordnen. Teil 1 gibt es jetzt, Teile 2 und 3 folgen sobald wie möglich.
Teil 1: The Bouncing Primitive Past Jump and Runs und Vergleichbares sind das erste, was ich assoziiere, wenn ich das Wort “Computerspiele” höre. Das liegt daran, dass in der Zeit, als ich angefangen habe, Computerspiele zu spielen, die besten Spiele Jump&Runs waren. Eigentlich lässt sich über Jump&Runs nicht wirklich viel schreiben, da das Grundprinzip primitiv und stets das Gleiche ist und es eigentlich keine wirklich logischen Gründe gibt, sie zu mögen. Jump&Runs sind im Runde eine Gefühlssache, aber da ich mich entschlossen habe, zu meiner Vergangenheit zu stehen und das damals wirklich meine Lieblingsspiele waren, werde ich trotzdem was schreiben. Dieser Teil der Liste befasst sich ausschließlich mit Sachen, die schon lange zurückliegen, also verzeiht mir, wenn ich einige Fakten falsch in Erinnerung habe.
Bubble Bobble (Arcade & C64, Taito , 1986) Bubble Bobble war in meiner Kindheit quasi das Spiel auf dem C64, zusammen mit Giana Sisters und Winter Games bildete es das Spiele-Dreigestirn des C64, das jeder, aber auch wirklich jeder hatte. Und wer damals in meinem Freundeskreis einen C64 in der Familie hatte, hatte mich als öfteren Gast auf dem Hals, da ich über keinen verfügte. Eigentlich ist es völlig unnötig, irgendeine Beschreibung von Bubble Bobble abzugeben, erstens kennt es jeder, zweitens ist es völlig selbsterklärend, da primitivstes Spielprinzip. Der wirkliche Reiz von Bubble Bobble war für mich der, dass man miteinander zu zweit gleichzeitig spielen konnte. Einfach stundenlang vor dem C64 sitzen, zu versuchen, immer noch ein Level weiterzukommen, seinem Spielpartner & Gegner die Powerups wegschnappen, dem Knirschen des QuickJoy II und dem Ohrwurmsoundtrack des Spiels zuhören und gemeinsam wüste Flüche gegen den Computer auszustoßen, dass war die eigentliche Hauptsache bei Bubble Bobble. Dass das Spiel sogar eine Art von Story hat (wenn auch eine sehr rudimentäre, seine Eltern retten), habe ich erst gemerkt, als ich und ein Freund es 2000 im MAME durchgespielt haben, was ca. 230 credits erfordert hätte. Bubble Bobble hat, da es so primitiv ist, sogar etwas, was einen heutige Spiele vermissen lassen, nämlich Partytauglichkeit. Wenn man auf einer Party einen C64 an den Fernseher hängt und Bubble Bobble spielen, zieht das Leute an, die entweder zusehen oder mitspielen wollen, mit World of Warcraft funktioniert sowas bestimmt nicht. Bubble Bobble HQ
Giana Sisters (C64, Timewarp/RainbowArts ,1988) Giana Sisters war das Super Mario Land derer, deren Eltern Videospielkonsolen konsequent ablehnten, aber auf die Werbepropaganda der Homecomputerfirmen reingefallen waren und einen solchen gekauft hatten, da er sich als Lernmittel eignen sollte. Die Ähnlichkeit mit Super Mario Land war so extrem, dass Spielverderber Nintendo mittels eines Prozesses den Verkauf stoppen konnte, aber da hatte es (dank Raubkopien) sowieso schon jeder. Hauptcharakter bei Giana Sisters ist ein kleines Mädchen namens Giana aus Mailand, das in irgendeiner bösen Traumwelt festhängt, in der man bunte Bälle einsammelt, um einen Punkhaarschnitt zu kriegen, der Steine zerstören kann, und die voller gefährlicher Monster wie Fuchsmasken, Riesenskorpione und laufender Schädel ist. Die Story blieb mir damals mangels Englischkenntnissen verborgen, was für den Spaß daran aber völlig egal war. Es ging uns damals mehr darum, untereinander auszumachen, wer mit den drei Leben, die das Spiel einem zugestand, das höchste Level erreichen kann. Gianas Return: Giana Sisters unter Win32 und auf der Dreamcast
Prince Of Persia (PC, Brøderbund Software, 1989) Da ich damals eins der wenigen Kinder in meinem Freundeskreis ohne C64 war, sondern mein Vater einen 286er mit völlig spieleuntauglicher Hercules-schwarzweiß-Grafik besaß, war Prince of Persia so ungefähr das einzige Jump&Run, dass je auf diesem Rechner lief. Weil der PC damals grafikmäßig den Homecomputern so extrem hinterherhinkte, war Prince of Persia kein seitlich scrollendes Spiel, sondern wechselte die Ansicht des Raumes, wenn man am Bildschirmrand ankam. Die Story von Prince of Persia besteht darin, eine Prinzessin zu retten, neben “Welt retten” eins der häufigsten Storymotive bei Jump&Run Spielen. Prince of Persia glänzte hauptsächlich durch den enorm hohen Schwierigkeitsgrad, wobei ich zugeben muss, dass ich es früher meist mit einem Cheat für mehr Zeit gespielt habe. Prince of Persia gehört zu den Spielen, bei denen die Hauptmotivation daraus entsteht, dass es einen anfangs so extrem frustriert, dass einem jedes winzige Erfolgserlebnis extrem viel größer erscheint. Damit kommt man als Spieler entweder klar oder nicht, in letzterem Fall wird man Prince of Persia wahrscheinlich einmal und nie wieder starten. Bei Prince of Persia war die Hauptbedrohung auch nie die relativ leicht zu erledigenden Gegner, das Hauptproblem war einen Weg durch die Levelarchitektur zu finden, und am besten auch noch schnell. Von einem realistischen Standpunkt aus betrachtet, sind die Levels in Prince of Persia natürlich hanebüchen, welcher despotische Herrscher baut schon Kerker, in denen man über 50 Meter tiefe Abgründe springen, eine Menge verborgener Schalter für Fallgitter finden oder durch guillotinenartige Messertüren klettern muss, aber dafür waren sie halt hauptverantwortlich für den Spielspaß. Nebenbei ist Prince of Persia das am wenigsten bizarre Spiel in diesem Teil der Liste, es gibt nur Menschen als Gegner und keine Früchte, Disketten oder ähnliches als PowerUps, was sonst bei den damaligen Spieledesignern sehr verbreitet ist, wahrscheinlich zogen alle anderen außer den Brøderbund Software-Designern ihre Inspiration aus dem Kühlschrank und aus Kram auf ihrem Schreibtisch. Prince of Persia bei HOTU
Commander Keen Episode 4-6 (PC, id Software, 1991) Commander Keen konnte ich früher auch nur bei Freunden spielen, wegen der Hercules-Grafik bei meinem Vater. Technisch waren insbesondere die Teile 4-6 perfekt für die damalige Zeit, aber der Reiz daran waren vor allem die bizarren Level, PowerUps und Feinde und der Humor im Spiel. Diesmal ging es zur Abwechslung darum, nicht nur die Welt, sondern das gesamte Universum zu retten, inzwischen reichten meine Englischkenntnisse auch aus, das Ganze grob zu verstehen. Toll an Commander Keen war auch, dass id damals auf eine lineare Abfolge der Levels größtenteils verzichtet hat, falls man an einem Level partout nicht weiterkam, konnte man sich erstmal an ein anderes wagen, bevor man das Problemlevel erneut anging. Die Levels in Commander Keen boten eine Menge versteckter gut versteckter Powerups und Geheimräume, daher machte es enorm Spaß, die Spiele wieder und wieder durchzuspielen und zu versuchen, noch mehr neues zu entdecken oder in irgendwelche unerreichbar erscheinenden Teile der Karte zu gelangen. Außerdem war es eins der ersten Spiele mit Speicherfunktion, die ich gespielt habe, auch sehr praktisch, wenn gerade wieder ein wütendes oder gesundheitsbesorgtes Elternteil den Computerzugang einschränken wollte. 3D Realms: A Look Back at Commander Keen
Jazz Jackrabbit (PC, Epic Megagames, 1994) Endlich einen damals schnellen Rechner (486 DX2/80) mit VGA-Karte im Haushalt, war Jazz Jackrabbit eins der Spiele auf dem Rechner, mit denen ich am meisten Zeit verbracht habe. Jazz Jackrabbit ist meiner Meinung nach definitiv eins der extremsten Jump&Runs überhaupt. Extrem schnell, extrem bunt, extrem bizarr, extreme Waffen und einen extrem lauten Soundtrack, der den AdLib bis zum Extremum ausnutzt. Hauptcharakter bei Jazz Jackrabbit ist ein grüner Hase, der (ach wie innovativ) die Hasenprinzessin und das Universum retten muss. Dazu verfügt er über eine Universalwaffe, die man mit allen Sorten von Munition laden kann, die Munition liegt im Level herum, unter anderem Feuerbälle, Raketen und Flummis aus Plastiksprengstoff, die durchs Level hüpfen und bei Feindberührung explodieren. Zum Teil ist ein Geschoss halb so groß wie die Hauptfigur, da aber fast alle Feinde größer sind, macht das Ganze schon ein wenig Sinn so. Jazz Jackrabbit übertrifft Commander Keen, was bizarre Schauplätze, PowerUps und Feinde angeht, nochmal ums doppelte, merkwürdige Flakschildkröten mit Panzerkette, Schnecken mit Düsenantrieb und laufende Microchips sind nur ein winziger Ausschnitt der Palette von Feinden, die einem hier das Leben schwer machen. Dazu kommt noch der Hardrock-Soundtrack aus dem AdLib und die wahnsinnige Geschwindigkeit, die schon fast Sonic The Hedgehog-Niveau erreicht. Alles in allem ist Jazz Jackrabbit eine Art prolliges Vorstadt-Tuning-Geschoß unter den Spielen, schnell, bunt und laut. Jazz Jackrabbit bei HOTU