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Faszination Frustration

DRIV3R (die pseudo-1337 Schreibweise für “Driver 3” haben die Publisher selber verbrochen) hab ich heute nachmittag zu Ende durchgespielt. Irgendwie bin ich der Meinung, das Spiel hätte nen Review verwindet, also schreib ich mal einen. DRIV3R dreht sich wie die beiden vorrausgegangenen Versionen hautpsächlich um das Brechen jeglicher Verkehrsregeln im Stadtverkehr. Dieses elementare Spielelement ist (wie bei den Vorgängern) in eine verwinkelte Handlung aus Kriminalität und Undercover-Ermittlungen eingebettet, ein Vergleich mit allen GTA-Teilen liegt soweit ebenfalls nahe. Auch an den Missionen und dem Spielprinzip hat sich nichts wesentliches geändert (abgesehen davon, dass man im Ur-Driver noch nicht aus dem Fahrzeug steigen und ein anderes “leihen” konnte).

Fast alle Missionen in DRIV3R erinnern ziemlich an Filme meines Lieblingsgenres, nämlich jene, in denen üble Gangster und Polizisten in wilden Verfolgungsjagden durch enge Straßen haufenweise Gummi und Blech in Rauch und Schrott verwandeln. Dies macht für mich auch die Hauptfasszination dieses Spiels aus. Der Actionfilm-Charakter wird durch eine relativ realistische Physik-Engine (einige der Programmierer waren wohl von Halflife 2 sehr angetan) und spektakulär schleudernde Wagen aufgebaut, das Geschwindigkeitsgefühl durch die meist engen Gassen und mittelhohe Verkehrsdichte verstärkt. Die künstliche Intelligenz der Gegner ist, was Fahrkönnen betrifft, durchaus meiner würdig, die unfreiwillg beteiligten zivilen Verkehrsteilnehmer reagieren realistisch träge und unkontrolliert. Die Fahrzeuge sind detailreich, wenn auch ein wenig verschwommen, und glänzen shaderunterstützt im Sonnenlicht. Solange man sich im Auto befindet, ist die Welt also meist in Ordnung.

Wenn man jedoch (gezwungen oder freiwillig) den Wagen verläßt, zeigt sich DRIV3R von der anderen Seite. Die Figuren holpern durch die Gegend wie bei der Augsburger Puppenkiste, die Steuerung ist ein Meisterwerk an Präzisionsmangel. Die eben noch von fahrerischer KI nur so strotzenden Gegner verwandeln sich nun in Schießbuden-Pappkameraden, die mehr in die Gegend als gezielt auf etwas ballern können, völlig sinnlos Deckung suchend, wenn man nicht schießt, oder unter Beschuss gerade auf einen zurennend. Wäre die Zielfunktion nicht so unpräzise (ich sage nur PS2 Konvertierung), wäre DRIV3R an solchen Stellen eine perfekte Kirmes-Schießbuden Simulation. Um den Schwierigkeitsgrad halbwegs zu halten, mussten die Designer daher zu unfairen Mitteln greifen (if you can’t win, cheat!). Deshalb poppen neue Gegner plötzlich mitten im Sichtfeld auf, oder 5 Stück davon verstecken sich feige hinter einer Tür, durch die man natürlich durch muss.

Die 3 in DRIV3R simultierten Städte (Miami, Nizza, Istanbul) sind groß, detailreich und kommen glaubhaft rüber. Leider nutzen die Missionen jedoch nur 25% der Städte wirklich aus, und auch dann hat man eigentlich nie Zeit, die Umgebung als mehr als eine Ansammlung von festmontierten und beweglichen Gefahren wahrzunehmen. Da die Missionen fast alle sehr linear sind, bringt einem die mögliche Bewegungsfreiheit in der Stadt auch quasi nichts.

DRIV3R ist kein Spiel für Leute mit einer geringen Frustrationstoleranz. Einige Missionen sind nur durch das zufällige Zusammentreffen vieler günstiger Umstände zu schaffen, etwa die vorletzte Mission, für die ich wahrscheinlich fast 100 Versuche gebraucht habe. Wenn ich die spannende Story und die Verfolgungsjagden, das gehetzt-durch-die-Stadt-rasen, das unbedingte Anhängen an die Stoßstange des Verfolgten und die Reifenquietsch- und Blechgeschepperorgien nicht so lieben würde, hätte ich wahrscheinlich schon ziemlich bald aufgegeben oder gecheatet. Die Missionen ausserhalb des Autos sind allenfalls magerste Durchschnittskost und haben keinerlei Langzeitmotivation. So sehr linear (wie in anderen Kritiken gelesen) sind die Missionen bei näherer Betrachtung doch nicht, bei einigen Missionen weicht mein Lösungsweg doch deutlich von dem ab, den ich gerade in einer Komplettlösung gelesen habe. Augenscheinlich war der Autor der Komplettlösung ein guter Schütze und schlechter Fahrer, bei mir verhält es sich da wohl eher umgekehrt.